Ein paar Gedanken zur Apple WWDC Präsentation

Ich bin immer völlig weggeblasen nach diesem schnellen Ritt durch den Apple Software-Kosmos. Und es hat sich wieder mal bestätigt, dass man die ganzen Artikel vor dem Event in der Pfeife rauchen kannst. WWDC ist für Entwickler. Und deshalb bleibt der Shop auch oben. Produkte kommen später und Apple mischt nicht tolle neue Hardware in den Mix mit rein.

Die Details, welchen Nippel mal demnächst durch welche Lasche ziehen kann, könnt Ihr woanders lesen. Ich will mich mal auf ein paar Grundthemen beschränken. Vorweg: Ich muss dieses Jahr keine Betas installieren, denn die Software enthält nichts, auf das ich gewartet habe.

Was mir am Wichtigsten ist: Apple bleibt am Thema Privacy dran. Zahlende iCloud-Kunden bekommen jetzt iCloud+, das verschleiert, wer von wo aus welche Webseiten aufruft. Dicker Stinkefinger an die ganzen Datensammler. Selbst Email-Adressen lassen sich verschleiern, wenn man sich wieder irgendwo registrieren muss. Das Tracking von Mails will Apple ebenfalls abstellen. Ein dicker Stinkefinger an alle Newsletter-Versender. Spoiler Alert: “Newsletter” ist bei mir ein Trigger für “verschiebe in Mülltonne”. Für Apps gibt es zukünftig Privacy-Reports, in denen Apple aufzählt, wer wann und wie oft die Rechte nutzt, die man einräumt. Finde ich supergut, interessiert aber wahrscheinlich kein Schwein, denn sonst würde ja niemand Facebook, Insta oder WhatsApp nutzen. Dennoch, das geht alles in die richtige Richtung.

Meine Enttäuschung war iPadOS 15. Das lernt dieses Jahr die Tricks aus iOS 14. Widgets auf dem Homescreen und App Library zum Beispiel. Beim Multitasking gibt es ein Pflaster auf Holzbein, sprich neue Möglichkeiten, Split View und Slide Over zu organisieren. Was es nicht gibt, ist richtiges Multitasking wie in macOS.

Dafür lernt macOS einen neuen Trick: Mit Keyboard und Mauszeiger von Gerät zu Gerät hüpfen und Daten hin und her schicken. Aber wer arbeitet mit zwei Macs und einem iPad nebeneinander? Warum sollte ich eine Zeichnung vom iPad auf den Mac verschieben? Richtig, weil man auf dem Mac-Bildschirm nicht zeichen kann. Dieser Zirkustrick geht übrigens schon mit dem Logitech-Setup in die Hose, der auch drei Geräte nebeneinander versorgen kann. Was man nämlich wirklich hat, ist ein Arbeits-PC, einen privaten Mac und noch einen iPad, den gerade die Kinder benutzen.

Safari kriegt ein neues Design und erbt ein paar Features von Microsoft Edge, etwa Collections (hier: Tab Groups). Das gefällt mir. Safari ist ein toller Browser und ich wünsche ihm ein langes Leben. Zu viele Leute glauben, dass Google Chrome ihr Freund ist. Spoiler Alert: Isser nicht.

Facetime lernt von Teams, Zoom und WebEx. Bei Gruppenanrufen kann man nun auch ein Grid anzeigen, statt der Floating Portraits. Auch der Hintergrund lässt sich nun weichzeichnen, alles bereits von woanders bekannt. iMessage wird aufgebohrt, aber Apple geht den entscheidenden Schritt nicht. Das bleibt (erwartungsgemäß) eine Apple-Show und alle anderen sind nicht erreichbar. Kommunikation findet aber auch außerhalb der Apple-Welt statt und damit kommt ein noch so gutes Facetime oder iMessage nicht gegen die Big Macs an. Apple benutzt übrigens intern WebEx, obwohl garantiert jeder Facetime könnte. Bei Microsoft würde man sagen: Eat your own dogfood.

Die Fotos-App wird doller, die Maps-App auch, aber davon haben wir nichts, weil auch dieses Jahr noch keine neuen Karten nach Deutschland kommen. Alles, was so richtig doll ist, geht sowieso nur in einem halben Dutzend Städten, San Franzisco zuerst. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass Deutschland als allerletztes kommt, man vergleiche einfach die Streetview-Abdeckung.

Die Features von watchOS 8 haben mich nicht umgehauen, aber ich hoffe, hoffe, hoffe, dass die nächste Apple Watch einen Blutzucker-Sensor bekommt. Health und Fitness bleiben das beherschende Thema und die zunehmede Nutzung bestehender Sensoren macht mich richtig froh, etwa die Erkennung, ob man noch sicher geht und steht. Ich merke bereits jetzt, dass mein Gleichgewicht nicht mehr so gut ist, wie es mal war. Ganz viele der neuen Entwicklungen werden wir hier wohl nie sehen, etwa das Sharing von Gesundheitsdaten mit dem Arzt, die Aufnahme von Perso und Füherschein in das Wallet etc.

Das war für mich ein durchgehendes Thema: Die richtig spannende Sachen werden wir lange nicht sehen oder es gibt sie woanders schon. Produkte und Schrift erkennen? Google Assistant. Automatisch übersetzen? Google und Microsoft. Das werden wir noch einzeln aufdröseln müssen.

Zwei Kleinigkeiten noch zum Freuen: HomePod mini wird mit Apple TV gehen und Apple TV kann demnächst Spatial Audio mit AirPods Pro und AirPods Max.

14 thoughts on “Ein paar Gedanken zur Apple WWDC Präsentation”

  1. Es wurde nicht in der Key Note erwähnt, vermutlich weil es ein sehr triviales Features ist, aber für mich ein wichtiges: iOS 15 bekommt einen eingebauten 2FA-Client um Codes für die Zwei-Faktor-Authentifizierung zu generieren. Ich hoffe, das sorgt dafür, dass mehr und mehr Menschen 2FA nutzen.

  2. Ich fand das neue MacBook Pro und den großen iMac nicht schlecht… ohne Tonspur halt.
    Stop, das war ein altes MacBook Pro da schwarzer Rand…

  3. Bzgl. Facetime: Ein bissel öffnen sie doch, Zutritt per Browser für Android und Windows wird doch eingeführt.

  4. Was ich mir gewünscht hätte, wären Profile für iPadOS und ein besserer Passwordmanager gewesen.

    Ich weiß, für letzteres gibt es gute Sachen am Markt, man kann mir da Faulheit vorwerfen. Aber er ist halt, wenn er nicht merkt, dass er gebraucht wird, nur leidlich zu benutzen.

    Und Profile fürs iPad…da muss ich wohl nichts zu sagen.

  5. Fun Fact: die iPads werden jetzt länger unterstützt als die MacBooks.
    Das 2014er MacBook Pro bekommt kein macOS 12.
    Das iPad Air 2 von 2014 bekommt aber iPadOS 15.

    1. Die iPad haben ja auch schon länger, die “Guten” Chips 🙂 Die alten Macs fahren noch mit Diesel

    2. Wirklich bedauerlich, dass 2014er MBPs nicht mehr unterstützt werden und gleichzeitig bin ich immer wieder begeistert davon, dass entgegen der vermeintlich schnelllebigen Zeit, das mittlerweile überhaupt eine Überlegung ist.

      Meinen 1994 gekauften 486er hatte ich nicht so lange intensiv genutzt und bei weitem 2001 nicht mehr überlegt, ob z.B. ein da erschienenes Windows ihn noch unterstützt.

  6. Die FaceTime-Features kommen zwar spät, aber ziemlich clever. Und natürlich kann man nicht Netflix zusammen schauen…
    Siri für HomeKit zu öffnen ist fast untergegangen, langfristig aber wahrscheinlich auch ein Riesending, insbesondere da die Sprachverarbeitung bald das Haus nicht mehr verlässt. Da bin ich auf die Hardwareanforderungen gespannt, ich kann mir nicht vorstellen, dass dass auf einem iPhone SE Gen. 1 funktioniert.

      1. Ah, Danke, hatte ich noch gar nicht gesehen. Hast Du auch noch etwas zu Siri für HomeKit-Geräte gefunden…?

        1. Meinst Du die “Siri-enabled accessories”, die auf derselben Seite stehen? Dazu steht noch in der Fußnote, dass das mit HomePod oder HomePod mini funktioniert. Ohne eines dieser Geräte (z.B. nur mit Apple TV oder gar iPhone oder iPad) geht es demnach wohl nicht.

  7. Wir werden sehen, ob man Netflix gemeinsam schauen kann. Dazu muss erst mal das Betriebssystem released werden und die Apps müssen die entsprechende API auch nutzen.

    1. Sie waren da explizit: Neben Apple TV+ nannten sie Disney+, Hulu, HBOmax, NBA, twitch, TikTok, MasterClass, ESPN, Paramount+ und Pluto.tv.

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