AVM zu Aussagen der Bundesnetzagentur wegen Routerzwang und Nichtherausgabe von Kennwörtern

by Volker Weber

Ausnahmsweise mal im Wortlaut:

Berlin. Die Bundesnetzagentur will nicht einschreiten, wenn bestimmte Netzbetreiber ausschließlich den von ihnen vorgegebenen Router am Breitbandanschluss des Anwenders zulassen (sogenannter Routerzwang). Zusätzlich könne der Netzbetreiber dem Kunden Kennwörter, beispielsweise für Sprachdienste, vorenthalten. Entsprechende Aussagen der Bundesnetzagentur (BNetzA) finden sich in Antworten an einzelne Verbraucher, die sich über diese Einschränkungen bei der BNetzA beschwert hatten. Routerzwang und Nichtherausgabe von Kennwörtern stellen eine wesentliche Änderung gegenüber der langjährigen erfolgreichen Praxis im Markt dar.

Die Kernfrage "was ist ein Endgerät beim Kunden" im Sinne des FTEG (Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen) überlässt die BNetzA dabei der willkürlichen Definition der Netzbetreiber. Aus Sicht von AVM ergeben sich dadurch für Anwender und Markt erhebliche Nachteile, sowohl kurz- als auch langfristig. Kurzfristig verliert der Verbraucher die Möglichkeit, ein Endgerät nach seinen Ansprüchen auswählen zu können (bspw. WLAN-Ausstattung, Netzwerkausstattung, Telefonie, Hausautomation etc.). Er wird verpflichtet, den vorgegebenen Router des Netzbetreibers einzusetzen.

Langfristig führt der Routerzwang zu einem Ausschluss an Innovationen, da es keinen Wettbewerb um das beste Endgerät mehr gibt. An dieser Stelle sei der Vergleich mit Mobiltelefonen erlaubt. Es ist unvorstellbar, dass an einem Mobilanschluss nur ein vom Netzbetreiber vorgegebenes Handy funktioniert. Mit einer solchen Einschränkung wäre es kaum zur Entwicklung von Smartphones gekommen, die zu ihrem Siegeszug ansetzten, nachdem Unternehmen außerhalb der TK-Branche entsprechende Telefone (iPhone, Android) entwickelten.

Ein breiter Wettbewerb mit klaren Regeln ist im Mobilfunkbereich die Basis des Erfolges. Warum dies bei Breitbandanschlüssen nicht gelten soll, erschließt sich nicht.

Mit Routerzwang gäbe es schon jetzt eine Vielzahl von Verfahren und Leistungen nicht, die in diversen, auch von den entsprechenden Ministerien unterstützen Gremien, standardisiert wurden. Dazu zählen hardwareunabhängige und offene Standards für Wartung und Betrieb (bspw. TR-069) ebenso wie vielfältige Cloud-Dienste, Netzwerkspeicher (NAS), der Zugriff von unterwegs oder auch Themen der Heimautomation.

Nach Auffassung von AVM wurde im FTEG die Schnittstelle zwischen Netz und Endgerät so definiert, dass Kunden die freie Auswahl bei Endgeräten haben. Dafür verpflichtet das FTEG Netzbetreiber, ihre Schnittstellen so offenzulegen, dass Hersteller im freien Wettbewerb entsprechende Geräte anbieten können. Die BNetzA als eine maßgebliche Instanz sollte an dieser Stelle die Sorgen der Verbraucher und der Marktteilnehmer ernst nehmen und ihnen die freie Wahl des Endgerätes ermöglichen.

Comments

Interessant. Erst vor kurzem habe ich versucht, bei den üblichen DSL Anbietern nachzufragen, wer nur einen Splitter und separat ein DSL Modem anbietet - ohne Router und vor allem nicht alles in einer Box.
Tatsächlich habe ich da überall auf Granit gebissen, sie tauschen zwar alte DSL Modems noch aus, liefern aber bei Neuverträgen/Umstellungen keine neuen mehr.

Echt schade und wie AVM schreibt sicher nicht gut für Innovationen in dem Bereich. Da hätte ich mir von einer Regulierungsstelle wie der Bundesnetzagentur schon mehr erwartet.

Helmut Naughton, 2013-01-22

Ich habe auch in vielen anderen Bereichen seit längerem den Eindruck, dass wir uns auf dem Weg von der Markt- und hin zur Planwirtschaft befinden.

Thomas Lang, 2013-01-22

Wenn sich die Bundesnetzagentur nicht zuständig sieht ist das vielleicht ein Fall für's Bundeskartellamt.

Andreas Fonferek, 2013-01-22

Letztens habe ich auch so eine Konfiguration vorgefunden. Zum Glück könnte man noch den DynDNS Update aktivieren und mit DMZ alles weitergeben an den "richtigen" Router.

Henrik Müller, 2013-01-22

... this smells of GDR ...

Man liest es, und kann's nicht fassen. Ob ich meinen guten 7390er mal ein wenig mit warmem Öl massiere, damit er mir noch lange treu bleibt ... ?

Stephan Perthes, 2013-01-22

Ist es eigentlich illegal die Konfiguration der Vodafone EasyBox 603 zum dumpen um dann die entsprechenden Kennwörter herauszupulen?

Martin Funk, 2013-01-22

Als ich vor einigen Jahren noch Kunde bei Alice war, wurde mir ebenfalls ein sehr eigenwilliges "Zwangsendgerät" der Firma Sphairon aufgenötigt. Dieses funktionierte u.a. nur als Modem - obwohl es technisch durchaus auch als Router ausgelegt war, nur eben durch Hansenet entsprechend konfiguriert und gesperrt war.

Abgesehen von der Notwendigkeit der Anschaffung eines zweiten Routers gab es andauernd Probleme mit dem DSL-Sync und vor allem mit der integrierte VoIP-Telefonie bzw. deren Umsetzung auf ISDN (oder so etwas ähnliches muss man in diesem Fall wohl eher sagen). Meine ISDN-Endgeräte waren jedenfalls nicht gerade glücklich mit der Implementierung und zeigten diverse Macken, Verbindungsabbrüche und signalisierten verpasste Anrufe, obwohl diese an einem anderen Gerät angenommen wurden.

Der Anbieter stellte die Zugangsdaten für das SIP-Konto nicht für den Endkunden zur Verfügung und auch ein Zugriff auf die Box war nicht direkt möglich. Dank einiger findiger Bastler gelang es damals jedoch, die Zugangsdaten aus Gerätenummer und MAC-Adresse des Gerätes abzuleiten - dies klappte jedoch nicht bei allen Kunden. Ich hatte Glück und kam so für ca. 1 Jahr in den Genuss eines funktionierenden Alice-Anschlusses mit einer Fritz!Box 7120 als Endgerät, die mit den ermittelten Zugangsdaten versorgt wurde. Plötzlich gab es keine Probleme mehr mit dem Sync und auch die Telefone arbeiteten normal. Ein Gerät konnte ich dadurch auch einsparen. Später schloss Hansenet jedoch auch diese "Lücke", weshalb ich zum Rosa Riesen wechselte.

Insgesamt kann ich daher aus eigener Erfahrung den Vorstoß von AVM also nur begrüßen - der Vergleich zum Mobilfunk finde ich recht treffend.

Jörg Weske, 2013-01-23

@Thomas Lang: das ist auch meine Befürchtung. Wenn man sieht dass es immer mehr Computerendgeräte gibt welche nur noch Software eines bestimmten Shops zulassen (Angefangen hat das mit Spielkonsolen, jetzt sind das schon Smartfones, Tablets, E-Book Reader und bald auch PCs) da man fragt man sich ob die Pappnasen in Brüssel zu etwas anderes taugen als mir meine 60 Watt Glühbirne zu verbieten.

Freier Markt? Neee, das war gestern.

Roland Dressler, 2013-01-25

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