Intriganten, Bluffer, Kollaborateure, Diebe, Schwätzer und Klugscheisser

by Cem Basman

Thomas Leif ist kritischer Journalist und Chefreporter Fernsehen beim SWR in Mainz und Vorsitzender des Netzwerk Recherche e.V.. Die Frankfurter Rundschau Online veröffentlichte heute auszugsweise einen Text aus seinem Buch Beraten und verkauft. Einem Buch über grosse Beratungsunternehmen und ihre Geschäftspraktiken. Thomas Leif stellt den Kinseys, Accentures, Roland Bergers kein gutes Zeugnis aus. Hier die Kurzfassung seiner Top Ten Thesen:

1. Berater scheuen die Öffentlichkeit wie der Teufel das Weihwasser.

2. Berater sind heute vor allem professionelle Wissens-Recycler, geschickte Informationsbeschaffer aus dem Wissensfonds und Erfahrungsschatz ihrer Kunden sowie geniale Vereinfacher von vermeintlich komplizierten Prozessen.

3. Berater für Unternehmen oder den öffentlichen Sektor werden vor allem eingekauft, weil man ihre Hebelfunktion und ihre Rücksichtslosigkeit bei den gewünschten Reformen oder Restrukturierungen nutzen will.

4. Die Auftraggeber kaufen Akzeptanz, Legitimation und Loyalität. Berater übernehmen oft das Coaching für Manager in den Vorstandsetagen.

5. Das größte Defizit der Berater besteht in der Operationalisierung der erarbeiteten Lösungen.

6. Zum erfolgreichen Geschäftsmodell gehören der rasche Wechsel der Mitarbeiter innerhalb der Berater-Branche und die Jobrotation in der Wirtschaft.

7. Die Berater arbeiten mit Nachdruck und Erfolg an der "Magie" der eigenen Branche.

8. In den Beratungsfirmen herrscht ein modernes System der Ausbeutung.

9. Das "Up or out"-Prinzip ist ein Druck- und Überwachungsinstrument. Jeder wird im engmaschigen Netz der Befragungen potenziell informeller Mitarbeiter.

10. Der Beratungskomplex in Deutschland ist noch ein perfekt gehütetes Geheimnis, aber der Mythos der Branche bröckelt.

Grösstenteils kann ich dieses Sündenregister nach über dreissig Berufsjahren als Unternehmer und Berater bestätigen. Das machte heute meinen Tag.

Comments

Herrlich, endlich bestätigt sich meine eigene Kritikliste gegenüber Beratungshäusern.

Was allerdings immer wieder erschreckt ist die Tatsache, dass dies auch bei den Auftraggebern bekannt ist!!!

Insbesondere bekannt ist der Punkt der "Operationalisierung" bzw. der damit einhergehenden Probleme...

Gruß: Matthias

Matthias Lorz, 2006-05-10

gelten in diesen zeiten nicht fast alle thesen für jeden job? man ersetze das wort "berater" durch z.B. "journalist", und voila, bis auf die punkte 4 und 9 passt alles. "webdesigner" macht bei den punkten 3 und 9 probleme, etc...

wenn man das spielchen eine weile macht, merkt man welche thesen die eigentliche besonderheit des consultant-jobs ausmachen.

kai pahl, 2006-05-10

Insbesondere bekannt ist der Punkt der "Operationalisierung" bzw. der damit einhergehenden Probleme...

Berater sind oft keine grossen Praktiker. Das ist er Unterschied zwischen "Rat" und "Tat". Wie oft erweisen sich Konzepte hochbezahlter Consultants als Makulatur in er Praxis.

Cem Basman, 2006-05-10

dazu meine Standartsprüche:

"Ein guter Architekt kann auch maurern" bzw. "Wenn du nicht mindestens fünf Jahre in der Scheisse gewühlt hast (=konzeptionieren & umsetzen) , bist du als IT Consultant ungeeignet".

marc egart, 2006-05-10

IT Consultants haben mit McK-Beratern in der Regel wenig gemeinsam, da sie (oft) noch ein messbares Ergebnis -- Software -- hinterlassen. Was herauskommt, wenn klassische Beratungshäuser Software produzieren, kann man sich z.B. in Großprojekten im Raum Nürnberg ansehen ...

Stefan Tilkov, 2006-05-10

Stefan, ALG II? Ich glaube, da stehen sich die einen (klassische Beratungshäuser) nicht schlechter dar als die anderen (IT Beratungshäuser) ... geschweige denn dritte (IT Service und Software Provider).

Cem Basman, 2006-05-10

OK, OK. Ich dachte eigentlich an diese schicke Job-Börse ;-)

Stefan Tilkov, 2006-05-10

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