Besser zu Hause bleiben

by Volker Weber

Heute ist der Tag der rücksichtslosen Idioten. Auf der Autobahn ein BMW-Fahrer in dritter Spur, der sich bei dem Regen nicht schneller als 80 km/h zu fahren traut, die beiden rechten leeren Fahrspuren aber unter seiner Würde ansieht. Dann ein gelber LKW von DHL, in einer Wohnstraße mitten auf der Fahrbahn neben einer zehn Meter langen leeren Parkbucht abgestellt, um drei Pakete auszutragen. Fünfzig Meter weiter ein Servicepartner der Post, der seinen Sprinter ohne Not mitten auf einer Kreuzung abstellt, um seine Briefkästen zu leeren. Und schließlich ein Busfahrer, der eine am Stock heran eilende alte Dame allen Ernstes im strömenden Regen stehen lassen wollte. Als der seine Tür vor ihrer Nase schloss und den linken Blinker setzte, habe ich mich an meine Pflicht als rücksichtsloser Idiot erinnert und bin mit eingeschalteter Warnblinkanlage einfach so lange vor dem Bus stehen geblieben, bis er die Tür wieder aufgemacht hat.

Man muss sich nur anpassen, dann klappt das.

Comments

Interessanter Tag wohl. Mal sehen, ob das hier in Köln auch so ist. Gute Sache das mit der eigenen Reaktion und dem Bus!

Dirk Steins, 2007-06-23

Die Geschichte mit dem Bus find' ich klasse.

Konstantin Tassidis, 2007-06-23

Der Meister-Philantrop! - Großartig!

Max Halstrup, 2007-06-23

Die Leute werden immer rücksichtsloser oder sind einfach unaufmerksam. Die meisten denken nur noch an sich selbst, und denken für keine 5 Cent mit.

Weil es ihnen einfach egal ist?
Weil sie überfordert sind?

Ich glaube ersteres.

Gut gemacht mit dem Bus. Das es dir überhaupt aufgefallen ist, zeit auch nur das Du etwas aufmerksamer durch die Welt läufst...

Selbst ein simples "Bitte" oder "Danke" fällt den meisten Menschen ja heute schon sehr schwer. Und dabei macht es soviel aus...

Thorsten Neuhaus, 2007-06-23

Und was mir erst passiert ist: Ich bin Busfahrer, fahre meine zweite Runde, und als ich am Neumarkt halte, sehe ich wie ein riesiger Typ mit Skimaske aus der Sparkasse stürmt.

Als er in in meinen Bus steigt, erkenne ich, dass er eine Sporttasche und eine abgesägte Schrotflinte dabei hat... Letztere hält er mir unter die Nase und schreit mich an: «Wenn du mich nicht in 5 Minuten zum Flughafen gebracht hast, bist du tot!»

Ok, ruhig bleiben, zum Glück habe ich gerade keine anderen Fahrgäste. Ich mach also die Türen zu, geb' Gas, und was passiert!? Irgendein rücksichtsloser Idiot stellt sich mit Warnblinker DIREKT VOR MEINEN Bus.

In der Notaufnahme hat man mir nachher gesagt dass man noch nie so viele Schrotkugeln in einer lebenden Person gefunden hat.

Timo Stamm, 2007-06-23

@Timo: die Oma war aber bestimmt keine Komplizin sondern (auch) nur lästig in deiner Geschichte, oder?

Samuel Adam, 2007-06-23

Samuel: Die Schrotflinte verdeckte meine Sicht auf die Oma, aber gut dass du so ein feines Gespür für Humor hast ;-)

Timo Stamm, 2007-06-23

Ich glaube nicht unbedingt, dass es ihnen egal ist. Wenn man Busfahrer ansieht, dann sind recht viele von ihnen immer ziemlich grimmig. Liegt wohl eher daran, dass es im Laufe des Tages immer wieder Personen gibt, die Ärger machen. Stell dir vor du hast 20 Bushaltestellen für eine Runde und an jeder 5. kommt eine Person, die länger braucht. Wenn du jetzt sozial bist, dann schaft es jeder rein. Aber die ersten regen sich wieder auf, weil sie es eilig haben. Auch du hast deinen Zeitplan, genauso wie der von DHL und der Post und noch viele Millionen andere.
Wenn du diesen nicht einhalten kannst, dann gibt es vielleicht Verwarnungen oder eine Kündigung auf lange Sicht. Auch jeden Fall wirst du Probleme bekommen und eben zusätzlichen Stress -- den will keiner.

Gehört es denn zum rücksichtsvoll sein nicht nur dazu, dass man anderen hilft, sondern sich auch in die Perspektive anderer hineinversetzt? Sicherlich gibt es Idioten, die mehr oder minder absichtlich das tun, aber im Grunde handelt der Mensch nach bestem Wissen und Gewissen. Nur oft ist das eben nicht ideal.

Nicolas Kübler, 2007-06-25

Naja, es gibt auch noch andere Menschen. Gestern auf der Autobahn bspw., wir hatten es etwas eilig auf dem Weg von Konstanz nach Zürich. Kurz hinter Frauenfeld überholen wir einen Mercedes mit lokalem Kennzeichen TG (er schön auf der rechten Spur). Wir waren knapp 20 km/h über dem generellen Limit, der Mercedes macht Lichthupe und blinkt auffälig. Wir bremsen, passieren den fest installierten Blitzer ohne Foto und danach geht die Fahrt weiter. Der Mercedes hat uns übrigens gleich überholt und sich einen freundlichen Gruss abgeholt :-).

Ragnar Schierholz, 2007-06-25

"Toleranz hilft nur den Rücksichtlosen"

HENRYK M. BRODER

Gabor Ivanyi, 2007-06-25

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