Rechtsansprüche

by Volker Weber

Das Risiko, keine Lehrstelle oder Arbeit zu finden, sei bei Menschen ohne jeden Abschluss besonders hoch. In Deutschland soll es darum künftig einen Rechtsanspruch auf eine Hauptschulabschluss geben.

Wie wär's mit einem Rechtsanspruch auf einen Führerschein. Ohne den ist es auch schwierig.

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[Wer das fehlende n findet, darf es behalten.]

Comments

From the Department of Redundancy Department: "Die Regierungskoalition will darum das Recht auf einen Schulabschluss gesetzlich verankern". Ist das _Recht_ darauf nicht schon längst gesetzlich verankert?

Martin Böhm, 2008-05-19

Das Recht, einen Abschluß nachzuholen, wenn man es vorher als Abbrecher nicht gepackt hat, unabhängig vom Alter. Hört sich nicht so dumm an, wie es anfangs klingen mag. "Der Rechtsanspruch solle vor allem jenen Arbeitslosen helfen, die sich nach längerer Arbeitslosigkeit "noch einmal anstrengen wollen", sagte Scholz."

Fehlende Bildung wird als einer der drei Armutsgründe in Deutschland geführt.

Nur die Überschrift gibt das Ganze etwas verkürzt wieder.

Armin Roth, 2008-05-19

"Jeder Bundesbürger, der die Schule nicht gepackt hat, soll nachträglich die Möglichkeit bekommen, bei einem neuen Anlauf einen Abschluss zu erhalten und so seine beruflichen Chancen zu verbessern."

Ist doch ok, eine zweite Chance, für alle die nachträglich schlauer geworden sind.
Hier geht's ja nicht um einen Freischein, sondern darum, es noch einmal versuchen zu dürfen. Finde ich ok. Fehler machen alle mal. Grade in der Jugend. Wenn man dann fünf Jahre später einsieht, dass das alles Mist war, ist es doch ok, wenn man nochmal ran darf.

Daniel Haferkorn, 2008-05-20

Es ist nun wirklich nicht so, dass ein Hauptschulabschluss einem Doktor in Theoretischer Physik gleichkommt. Wer es nicht einmal schafft, 9 Jahre lang zur Schule zu gehen und zumindest grundlegende Kenntnisse in Schrift und Sprache nachzuweisen, sowie einfachste mathematische Aufgaben der 4 Grundrechenarten lösen zu können, der verdient keine 2. Chance, der verdient die 7-schwänzige auf dem Rücken, einen Vorschlaghammer in der Hand und eine 12-Stunden Schicht im Steinbruch.

Jedem Schüler wird ein Angebot gemacht. Nimmt der das nicht an, Pech gehabt. Wer ein Sonderangebot im Supermarkt nicht kauft, aber 2 Tage später hingeht und auf das Recht pocht, das Produkt zum Sonderpreis kaufen zu dürfen, wird bestenfalls ausgelacht. Und Bildung for free zu bekommen in einem Schulsystem, das mehr Kuschelpädagogik als Lehre ist, ist definitiv ein Sonderangebot.

Wenn ich dann lese, dass sogar 4-jährige unter dem Burnout-Syndrom leiden oder Schüler den Auslesedruck nicht stand halten, dann krieg ich das große Ko*zen. Was machen die Verlierer dann erst, wenn sie für ihr Geld tatsächlich mal arbeiten müssen und es nicht von Mami und Papi oder gleich vom Staat in den verlängerten Rücken geschoben bekommen?

Ralf Stellmacher, 2008-05-20

@Ralf Stellmacher

Es ist ja schön, dass in Ihrem Leben alles gepasst hat, aber Sie sollten eventuell mal sich auch mit Leuten beschäftigen die in ihrer Kindheit nicht ganz so viel Glück gehabt haben und ja diese haben nicht nur eine zweite Chance verdient, sondern Sie haben immer wieder eine Chance verdient, wenn sie ihr Leben in den Griff bekommen wollen. Und bei Leuten die sich körperliche Züchtigung im Bildungssystem zurückwünschen frage ich mich sowieso, ob es nicht wichtiger wäre statt Bildung ein wenig in soziale Kompetenz zu investieren. Die meisten Projekte in Unternehmen scheitern nämlich nicht aufgrund mangelnder Bildung sondern aufgrund mangelnder sozialer Kompetenz.

Grüße

Ralf M Petter

Ralf M Petter, 2008-05-20

Ich finde die Idee im Ansatz gar nicht so schlecht aber wurde die Hauptschule z.B. in Niedersachsen nicht erst kürzlich abgeschafft?
Spätestens seit den bemerkenswerten Berichten über die Fröbelschule in Wattenscheid bin ich sowieso der Überzeugung das man in Deutschland völlig neue Wege gehen muss.

Henning Heinz, 2008-05-20

Das Problem ist, daß es in .de keine Chance gibt, auch nur einen Quali zu bekommen, wenn man es einmal versiebt hat.

Hier im Exil in .at ist das Schulsystem zwar generell ähnlich aufgebaut, aber es gibt mengenweise Möglichkeiten auch nachträglich alle Abschlüsse wieder zu erreichen, bis hin zur Matura (Abitur).

Wenn das jetzt länderübergreifend festgeschrieben werden soll, ist das a) eine Revolution und b) ein echter Fortschritt.

Thomas Hassan, 2008-05-20

@Namensvetter: na, ist ja fein von Ihnen (ok, hab's zwar nicht so mit dem "Sie", aber kann mich den Gepflogenheiten anpassen...), dass Sie mir jedwede Sozialkompetenz absprechen. Womit Sie das begründen, scheinen Sie auch Ihr Geheimnis bleiben lassen zu wollen. Nun gut...

Warum ich dermaßen rigoros in meinen Ansichten und Lösungsvorschlägen bin? Ganz einfach: ich kenne das Milieu sehr gut. Sie und die anderen Leser hier kennen sicher die berühmte Rütli-Schule? Da, wo ich herkomme, zählt das als Streberschule. Und Streber wurden verprügelt. Nicht die feine englische Art, aber so war es halt. Und ist heute nicht besser. Im Gegenteil!

Wenn nun ich es aber geschaft habe, mich davon zu lösen (was zu lang nicht absehbar war), dann kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass das nicht nur möglich ist, sondern auch eine ganze Menge Kraft und Ehrgeiz fordert. Wer den nicht mitbringt hat verloren und liegt mir nun (über Sozialabgaben) auf der Tasche. Und woher bitte nimmt sich irgendwer das Recht, immer nur zu fordern, aber nicht Willens zu sein, auch zu leisten?

Und der zweite Punkt ist: die Freundin meines Bruders studiert gerade Pauker. Eine sehr höfliche, zuvorkommende, feinsinnige Person. Die nun ausgerechnet auf meine alte Grundschule geschickt wurde für ihr erstes Praktikum. Da kommt doch allen Ernstes so ein Kiddie an, spuckt ihr ins Gesicht, pöbelt sie an, weil sie ihn zur Ordnung rief und zückt auch noch eine Klinge. Der Steppke kann gerade laufen, nachweislich nicht einmal seinen Namen schreiben (in keiner der beiden Sprachen), aber wird pampig. Woher bitte hat der sich eine zweite Chance verdient?

Und nein: das sind keine Ausnahme, das ist mittlerweile in einigen Gegenden unseres Landes die Regel. Wenn Sie mir also jedwede Sozialkompetenz absprechen, dann lassen Sie sich gesagt sein, dass ich davon und von den Umständen, wo diese Art von Leuten herkommt, definitiv mehr Ahnung habe, als Sie in Ihrer Naivität jemals haben werden.

Beste Grüße!

Ralf Stellmacher, 2008-05-20

Ralf,
Deine Logik hat einen Haken. Du kannst die Menschen abschreiben aber Du darfst Sie dann anschließend ein Leben lang mit bezahlen.
In Wahrheit kann es sich Deutschland gar nicht leisten Millionen Menschen ohne zweite Chance Ihrem Schicksal zu überlassen.
Man konzentriert sozial schwache Schichten in Stadtvierteln und wundert sich hinterher das es dort an den Schulen drunter und drüber geht?
Oder gleich in den Knast stecken? In Berlin z.B. kostet ein Tag 88,70 Euro. 32.000 Euro im Jahr hört sich nicht gerade nach Schnäppchen an.

Henning Heinz, 2008-05-20

Nein, ein Schnäppchen ist das nicht. Aber was bitte soll man mit Leuten machen, die schlicht und ergreifend nicht wollen? Mehr, als ein Angebot unterbreiten, kann man nicht. Da diese Leute aber teils schon seit Generationen es nicht gewohnt sind, zu arbeiten oder auch nur ansatzweise Struktur in ihren Tag zu bekommen, muss man sie halt zwingen. Denn sonst liegen sie eben der Allgemeinheit auf der Tasche.

Mir ist durchaus bewusst, dass der Vorschlag mit dem Steinbruch gegen diverse Grundrechte verstößt. Insofern war auch auch nur soweit ernst gemeint, als dass ich für so etwas eben doch ein gewisses staatliches Recht auf Zwang (um nicht zu sagen: Gewalt) für richtig halte. Würde man diesen Verweigerern eben diesen Zwang auferlegen, gäbe es IMO viele der Probleme mit und in den Stadtvierteln nicht. Zum einen hätten die gar nicht die Ausmaße, weil weniger Menschen dort lebten, zum anderen könnten sich die Trotzdem-Verweigerer gar keine Wohnung leisten, ergo: würden sie nicht die viel beschworenen Ghettos bilden.

Ich bin ebenfalls nicht der Meinung, dass man diese Leute ihrem Schicksal überlässt. Dieses Schicksal haben sie selbst gewählt. Um es einmal klar zu machen: es ist nicht so, dass sie unverschuldet in eine Schieflage geraten sind (Stichwort: Hartz4). Sie waren und sind schlicht und ergreifend nicht in der Lage, simple 9 Schuljahre mehr oder weniger regelmäßig genug anwesend zu sein und sich auch nur die Basics der für das tägliche (Über-)Leben notwendigen Skills drauf zu schaffen. Wie bitte kann denn jemand einkaufen gehen, der kaum lesen und schreiben kann und bei der simplen Aufgabe, auszurechenen, was 2 Liter Milch kosten, versagt? Warum soll es nach unserer Pflicht, das Schulangebot über Steuern zu finanzieren, auch noch unsere Pflicht sein, diesen Leuten eine 2, eine 3. und was weiß ich, wieviel Chancen noch zu gewähren, sprich: zu finanzieren.

Wie finanzieren wir überhaupt diese Chancen? Indem wir morgens in aller Herrgottsfrühe aufstehen, im Job uns den verlängerten Rücken aufreißen, Abends dann mehr oder weniger totmüde nach Hause kommen, in den wenigen Stunden, die noch bleiben, versuchen das Privatleben zu mangagen und zwischendrin uns auch noch ärgern, dass soviel Steuern abgezogen werden, dass es nicht für den gewünschten Urlaub reicht, die Werkstatt fürs Auto warten muss, oder was weiß ich.

Ok, das ist Klagen auf hohem Niveau, sicher. Leute in der 3. Welt wären froh, wenn sie wenigstens was zu beißen hätten. Aber das ist ein ganz anderes Level. Und man kann auch so argumentieren: das Geld, dass ich für Versager, die sich bewusst fürs Versagen entschieden haben, rausschmeißen muss, solange kann ich dieses Geld nicht für die 3. Welt aufwenden. Die es aber wesentlich nötiger hätten.

Tut mir leid, aber da kenne ich kein Erbarmen und kein Mitleid. Niemand wird gezwungen, ein Versager zu sein. Im Gegenteil: in unserem Lande bekommt jeder nach wie vor das Angebot, dass ihn befähigt, sich selbst aus einer Misere zu schaffen. Wer nicht will, der hat schon. Und der muss sich nicht wundern, wenn ich oder sonst jemand mit Hohn, Spott, tiefster Verachtung und einer immer größeren Wut auf ihn hinab sehe.

Ralf Stellmacher, 2008-05-20

So langsam nähern wir uns des Pudels Kern.

Leute ohne mindestens einen Hauptschulabschluss haben schlechteste Aussichten auf einen Job. Wenn man ihnen einen schenkt, oder ihnen gesetzlich einen garantiert, ändert das gar nichts. Denn wie Ralf richtig feststellt, stellt man diese Leute einfach deshalb nicht ein, weil sie nachweislich nichts leisten wollen.

Wie erzeugt man den Willen? Durch einen Rechtsanspruch?

Als alter Knochen kenne ich übrigens noch die achtjährige Volksschule.

Volker Weber, 2008-05-20

Wer nachweislich nichts leisten will der macht auch keinen Hauptschulabschluss. Für die ist diese Maßnahme vielleicht auch nicht gedacht. Die Zielgruppe ist klein, die Erfolgsaussichten mager denn ein Hauptschulabschluss ist nicht mehr viel wert. Vielleicht kein schlechtes Beispiel für Symbolpolitik mit geringer Wirkung. Trotzdem gehört zu Fordern und Fördern auch das man denjenigen, welche sich bemühen wollen, keine Steine in den Weg legt. Ralfs Argumentation betrifft ja eher den Fordern Teil. Da kann sicherlich noch einiges getan werden aber wer mit so untauglichen Instrumenten wie 1-Euro Jobs hantiert darf sich vielleicht nicht wundern wenn nur wenig bei rum kommt.

Henning Heinz, 2008-05-20

Henning hat da einen wichtigen Punkt. Dadurch, dass man allen eine zweite Chance gibt, kann man vielleicht ein paar soweit bringen, dass sie doch wieder im Arbeitsmarkt vermittelbar sind. Es mag zutreffend sein, dass die meisten gar nicht wollen, aber wenn nur 10 oder 15 Prozent der Gesamtmenge durch die zweite Chance zurück in die Zivilisation [sic] findet, dann hätte es sich gelohnt.
Deshalb würde ich es als recht auf eine zweite Chance verankern und nicht als Recht auf den Abschluß. Eine dritte Chance sollte der Staat niemandem zahlen müssen.

Martin Hiegl, 2008-05-21

@Ralf M Petter &
@Heinz Henning
Völlig richtig, was Sie da sagen Herr Petter und Herr Henning!

@Ralf Stellmacher
Ihre Äusserungen zu diesem Thema sind empörend!
Auch in Ihrer Biographie muss etwas vorgefallen sein, das Ihnen den Blick für "das Ganze" verstellt!
Nun gut, man sollte auch Ihnen eine zweite Chance geben, dieses Thema nochmals und diesmal aber vollständig zu betrachten ;-!

Jens Huber, 2008-05-21

Ihre Äusserungen zu diesem Thema sind empörend!
Das ist relativ: den einen empört es, der andere sieht es so oder so ähnlich.

Auch in Ihrer Biographie muss etwas vorgefallen sein, das Ihnen den Blick für "das Ganze" verstellt!
Ich bin ja nach wie vor der Ansicht, dass ich vom "Ganzen" (was "Ganz" und was "Halb" ist, haben Sie nicht schlüssig begründet) mehr verstehe, als der eine oder andere hier. Eben aus meiner Biographie resultierend.

Nun gut, man sollte auch Ihnen eine zweite Chance geben, dieses Thema nochmals und diesmal aber vollständig zu betrachten ;-!
Sie dürfen mir gerne aufdröseln, welchen Part ich nicht betrachte. Dröseln tun Sie aber bitte mit Fakten und nicht mit frommen Wünschen ("was-wäre-wenn" und "was-sollte-sein") oder Hörensagen. Ich bin gespannt....

Ralf Stellmacher, 2008-05-21

@ Ralf Stellmacher

Ok, ich versuche es kurz und deutlich zu machen.

Ein Beispiel von Vielen!

"Angenommen,
ein junger Mensch mit drastischem Elternhaus,
für das dieser Mensch nichts kann,
da er sich dieses Elternhaus nicht aussuchen konnte,
schafft, bedingt durch die dort herschenden Rahmenbedingungen.
keinen Schulabschluss.

Mit 18 Jahren verlässt dieser junge Mensch sein Elternhaus und sucht eine neue Chance!!!

Diese Chance gönne ich jedem Menschen, der diese, bedingt durch neue Rahmenbedingungen, benötigt!

eod = end of droessel ;-)

Jens Huber, 2008-05-21

Diese Annahme unterstellt, dass dieser junge Mensch gewillt ist, etwas an den Umständen zu ändern. Da bin ich ja voll und ganz dafür. Hab ich auch nie anders behauptet.
Ich habe hingegen explizit die Menschen gemeint, die eben nicht gewillt sind. Und so schlimm das auch ist: es ist nun ganz einfach mal die Mehrheit. Diese Leute sehen, dass man nichts tun muss, weil "irgendwer" ja schon zahlt. Zugegeben: sie bekommen von Anfang an ein schlechtes Beispiel vorgelebt. Das Problem an der Sache ist aber, dass sie sich damit sehr komfortabel ihr Leben einrichten. Sie sind sich sicherlich der Tatsache bewusst, dass es auch ein anderes, vllt. besseres, Leben gibt. Nur sehen sie nicht die Notwendigkeit, dafür auch etwas zu tun. Warum auch? Diese Notwendigkeit existiert schlicht und ergreifend nicht. "Der Staat" (d.h. die -in deren Augen- Idioten, die arbeiten) zahlen ja.

Und eben das ist der Knackpunkt. Ich kenne eine Menge Beispiele, wie oben genannt. Davor habe ich größten Respekt und diese Leute sollte man bewusst und explizit fördern. Bei den anderen, bei der Mehrheit sehe ich diese Pflicht nicht.

Ralf Stellmacher, 2008-05-22

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