Es gibt keinen zweiten Bill Gates

by Volker Weber

Als Bill Gates sich aus dem Tagesgeschäft zurückziehen wollte, sah er sich mit dem Problem aller Gründer konfrontiert: wer soll mein Nachfolger sein? Bei Microsoft konnte niemand existieren, unter einem stattlichen Baum wächst kein zweiter. Der Einzige, den Gates finde konnte, war Ray Ozzie. Er investierte in seine neue Firma Groove Networks und übernahm sie schließlich. Nicht etwa, weil ihn das Produkt interessierte, sondern weil er Ozzie haben wollte. Gates zog sich aus der Geschäftsleitung zurück und installierte sich in einer bisher unbekannten Position: Chief Software Architect. Eine Position, die für seinen Nachfolger maßgeschneidert war. Abseits des Tagesgeschehens alle Fäden in der Hand zu halten, um Microsoft auf dem richtigen Pfad zu halten.

Das konnte für Gates funktionieren, weil niemand seine Rolle hinterfragen konnte. Gates war die überragende Persönlichkeit innerhalb von Microsoft. Sein Wort war Gesetz. Eine Autorität, die sich auf niemand übertragen ließ.

Ray Ozzie hatte alles, was Gates in ihm suchte. Weit vorausausschauend, fähig, Wichtiges von Dringendem zu trennen, ein Mensch, der Software atmet. Er konnte Microsoft entscheidende Impulse geben. Die Neuausrichtung auf Cloud Services, die Hinwendung zu Open Source, eine freundlichere Kultur. Aber Ozzie hatte nicht Gates' Autorität. Er konnte sie nicht besitzen, sondern nur leihen. Ohne Gates im Hintergrund galt Ozzie bei Microsoft nicht viel.

Wie viele Unternehmensgründer ist Bill Gates an der Aufgabe gescheitert, sich selbst zu klonen. Es gibt keinen zweiten Bill Gates. Die Trennung ist konsequent.

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Comments

Ich glaube, besser und prägnanter hätte man es nicht zusammenfassen können. Well done!

Ingo Seifert, 2010-10-19

Do we know if he got fed up and resigned, or whether Steve Ballmer kicked him out?

Talking about Steves, I shudder to think what would happen when Mr. Jobs quits (or dies). Even Mr Kim has prepared his succession better.

Andrew Magerman, 2010-10-19

Ich sehe das ein wenig anders. In der Geschichte sagt man, jedes Land hatte mal seine Sekunde/Sternstunde in der Weltgeschichte. Italien(Rom), England, Frankreich, selbst Schweden zur Zeit des 30jährigen Krieges.

Bei bedeutenden Perönlichkeiten sehe ich das ähnlich. Churchill z.B. hatte diese Sternstunde im 2.Weltkrieg wurde danach abgewählt.
Ein jahrelang belächelter Helmut Kohl bekam seine Chance während der Einheit, davor und danch war nur Murks.

Und Ozzie? Der hatte seine "Sekunde" eben schon gehabt als er zu Microsoft gewechselt ist. Erfolg oder besondere Leistungen lassen sich nur selten unter anderen Gegebenheiten wiederholen.

Roland Dressler, 2010-10-19

Das hat Ozzie übrigens selbst ähnlich gesehen. Am Ende seiner Lotus-Zeit ging er mit Groove Networks in den "stealth mode". Er wollte nicht über seine Ideen sprechen, bis man sie anfassen konnte. In dieser Zeit habe ich ihn gefragt: "Can you create magic twice?" Und er hat einen Augenblick nachgedacht und dann gesagt: "Probably not". (Die Begründung lasse ich weg).

Ich mag ihn übrigens sehr. Es gibt nicht viele Menschen, mit denen man so entspannt sprechen kann, und dann schlauer weggeht, als man hingekommen ist.

Volker Weber, 2010-10-19

Vielleicht konnte es auch deshalb nichts werden, weil Bill Gates noch da ist, was immer er auch im Hintergrund tut. Wen interessiert was die zweite Geige spielt, wenn die erste noch zu hören ist? In vielen Unternehmen ist die der Fall, in denen der Gründer nicht ab- sondern nur in den Hintergrund tritt.

Wolfram Votteler, 2010-10-19

Das würde ich eher auf Ballmer anwenden. Unter anderen Umständen wäre der schon lange weg.

Volker Weber, 2010-10-19

Indeed very interesting observations, would love to see an English version.

francie tanner, 2010-10-22

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