Dekompression
by Volker Weber
In den letzten Wochen hatte ich mehrmals zwei Tage, die jeweils das Programm einer Woche enthielten. Zwei Engagements pro Tog, mit stundenlanger Reise davor und dahinter. Das hat schon wie am Schnürchen geklappt, aber es geht auch mal total in die Hose. So etwa gestern.
"Personenschaden bei Untertürkheim", sprich "Strecke total gesperrt". In Plochingen alle raus aus dem Zug. In Plochingen, weil vor uns bereits alle Bahnhöfe voll mit anderen Zügen stehen. Damit war die 35-minütige Umsteigefrist in Stuttgart abgelaufen. Im Bahnhof kein Personal, vor dem Bahnhof keine Busse oder Taxen. Nach überraschend kurzen 20 Minuten in der Kälte dann die Ansage: "Ihre nächste Reisemöglichkeit nach Stuttgart: die S1 auf Gleis 9, Fahrt nach Esslingen, Schienenersatzverkehr nach Bad Cannstatt". Dann: "die S-Bahnstrecke ist wieder frei, die S1 fährt durch".
Hoffnung kommt auf. Die zerbricht, als die vollgepackte S-Bahn in Essligen 20 Minuten steht. Nebenan setzt sich ein Zug in Bewegung. Ah, das ist ja der EC, aus dem alle Reisenden in die S-Bahn vertrieben wurden, und der nun in Stuttgart nicht mehr erreicht werden kann. Es ist spät, irgendwann steht alles. Und dann doch, die S-Bahn fährt wieder. In Stuttgart raus aus der S-Bahn, Spurt über zwei lange Treppen in den Bahnhof. Auf Gleis 7 steht noch ein ICE Richtung Frankfurt. Erstes Abteil mit zwei netten Mädels, die auf dem gleichen Fluchtweg unterwegs sind, aber kaum noch ihre Koffer heben können. Und dann kommt noch einer mit einer Reservierung, der unbedingt seinen Fensterplatz braucht. Wir schauen uns an. Und lachen. Und sind glücklich. So ein ICE-Abteil ist doch besser als ein eiskalter Bahnsteig in Plochingen.
Ende gut, alles gut.
Comments
Schöne Geschichte! :)
da hätte man doch noch kurz beim Hundertwasserhaus vorbeigehen können
:-)
Schön, wenn es dann doch noch klappt. Sitze gerade im ICE nach MUC und die Bahn weiss heute schon, daß mein ICE zurück am Sonntag 10 Minuten verspätet einfahren könnte! ?
