Dann ist das noch nicht fertig

by Volker Weber

Ich habe immer wieder mal mit komplexen Enterprise-Systemen zu tun. Die teils widersprüchlichen Anforderungen erfordern einfach eine größere Anstrengung, als sich das Privatanwender vorstellen können. Man nehme etwa "kostengünstig", "sicher", "revisionsfähig", "skalierbar", "ausfallsicher". In der Regel lohnt es sich, lange zu bauen und zu verbessern, bevor man in die Fläche geht. Leider sehe ich oft auch halbgare, nicht fertiggestellte Lösungen. "Basst scho'". Auf die Dauer rächt sich das.

Aktuell sieht man das bei der Unterstützung mobiler Geräte. Jahrelang haben sich Betreiber von BlackBerry-Infrastrukturen ihre eigenen Anwender sauer gefahren, weil sie viel zu restriktive Policies einmal zertifiziert und niemals wieder aktualisiert haben. Es gibt heute sichere Policies, die nicht alles kaputt schlagen wie "USB-Port sperren", "SD-Karte abschalten".

Das alles kann übrigens ein aktuelles BlackBerry-Gerät "einfach so". Eine sichere Verbindung ins Unternehmen, ohne eingehende Ports in der Firewall, sicherer Zugriff auf interne File Server, blitzschnelle Anmeldung, saubere Trennung von privaten Apps und Daten, integrale Sicht über alle Nachrichten (und Kalender).

Weiß halt nur niemand.

Comments

Danke, Volker. Leider scheint bei allerlei Arbeitgebern so einiges 'nicht fertig' zu sein :-/

Hubert Stettner, 2015-08-18

Leider ist es aber gerade im Enterprise-Bereich üblich, dass die Erwartungs-Haltung des Anwenders deutlich von den bewilligten Projekt-Bausteinen/-Zielen abweicht.
Dann wird halt eben ein mobiles Geräte übergeben, aber man kann weder Instant Messaging noch modern aussehende Intranet-Seiten mobile bewundern oder sicher kommunizieren, weil a) Abteilung Finanzen sagt "zu teuer" und b) Abteilung Sicherheit sagt "alles muss sicher sein".
Dann bleibt von der schönen neuen Welt nur Stückwerk über und als externer Dienstleister bekommt man den schwarzen Peter zugeschoben, wie man denn nur solch einen Mist bereitstellen konnte.
Von der Nutzer-Akzeptanz ganz zu schweigen...

Christian Hensler, 2015-08-18

"Niemand" ist übertrieben. Kaum jemand trifft es besser. Man könnte an der Stelle wieder die Betamax Geschichten entstauben.

Torben Volkmann, 2015-08-18

In Bezug auf "Enterprise connectivity" - diejenigen Kunden, die darüber Bescheid wissen, nennen es auch Killerfeature :)

Michael Ströhle, 2015-08-18

Wie steigert man "noch nicht fertig" ? Die Realität schaut leider so aus: Entweder Blackberry OS 7, kein download, kein local install, eigentlich nix außer Telefon, Mail, Kalender... und die 3 eingebauten Spiele natürlich.
Alternativ BYOD, aber... Corporate nur auf Citrix Worx (d.h. alles im Container und wieder nix mit integrierter Sicht auf Kalender, Mail und Kontakte). Welcome to enterprise reality!

Jens Nullmeyer, 2015-08-18

Chistian, exakt was ich meine. Das ist dann noch nicht fertig.

Das kriegst Du als externer Dienstleister auch gar nicht hin. Beispiel Zertifikatsverteilung. Dazu muss man eine Datei herunterladen und beim Enterprise Server in ein bestimmtes Verzeichnis legen. Da aber "niemand" Zugang zu Verzeichnissen des Servers hat, braucht es wochenlange Koordination, um einen Vorgang von einer Minute aufzustielen. Enterprise halt.

Volker Weber, 2015-08-18

Jens, das kann man steigern. BlackBerry 10 dumbed down auf BlackBerry 7. Telefon, Mail, Kalender, sonst nix.

Volker Weber, 2015-08-18

Volker, das Thema mit den BlackBerries scheint mir weniger so sein, was sie schon alles von Haus aus können, sondern vielmehr, was man ihnen darüber hinaus sonst noch so beibringen kann: Es fehlt an Dienstleistern, die für BB10 Enterprise Apps entwickeln können und wollen. Selbst eingefleischte BB-Häuser orientieren sich schon längst hin zu den Äpfelgeräten in Kombination mit abgestimmten EMM-Lösungen. Größer wird das BB-Dienstleisterangebot wohl auch nicht mehr.

Aber auch für frisch aufgesetzte Apfelplantagen gilt meist - wie Du ganz richtig beschreibst - "noch nicht fertig"...

Schöne Grüße aus der Sommerfrische,
Peter

Peter Meuser, 2015-08-18

Ja, der Torben hat ja schon das böse Betamax-Wort gesagt.

Volker Weber, 2015-08-18

"...dann ist das noch nicht fertig." - herrlich, solche Checklisten mache ich auch gerne in Projekten :)...

Ingo Seifert, 2015-08-18

Ah, Du sprichst ein wundes Thema an!

Insbesondere bei In-house-Lösungen wird oft viel zu früh aufgehört zu investieren. Vermutlich ist jedes System halbgar, die guten Systeme werden einfach zu Ende gekocht. Schlechten werden einfach im halbgaren Zustand gelassen.

Am besten schaut man wie das Geld verteilt wird. Wer entscheidet?

Wird das Geld verteilt von jemandem, der wenig Ahnung hat, so wird er nur Geld ausgeben, für Dingen, die er versteht, also

1. Funktionalität
2. Aussehen

Die ganzen anderen Dingen, Skalierbarkeit, Robustheit, Wartbarkeit, Sicherheit, sind schlicht nicht sichtbar, und werden ignoriert. Ist ja nur technisches Kram, das machen sicher die Geeks. So schwer ist es ja nicht (siehe Dunning-Kruger Effekt) (übrigens genau was beim BER passiert ist. Monatelang über das schöne Design der Halle diskutiert, aber Brandanlage? Technische krim-kram, das kriegen diesen Techniker schon hin).

Man kann das sogar auf gesamte Unternehmen übertragen. Bei einige Kunden habe ich gesehen, wie IT einfach als Kostenfaktor gesehen ist, die man möglichst kleinhalten sollte. Bei einer meine Kunden gibt es nur noch Geld für Projekte (da bekommt man was in die Hände) und nichts mehr für Betrieb (es läuft ja).

'Auf die Dauer rächt das' finde ich sehr prägnant geschrieben. 'Es läuft ja'. Hunderte, Tausende von kleine, schlechte Entscheidungen, flicken über anderen flicks, shortcuts, 'es muss ja funktionieren', und irgendwann hat man ein Biest, die man nicht mehr kontrollieren kann, oder die Sicherheit ist so schlecht, das Bösen alles geklaut haben (Denke hier an Sony).

Andrew Magerman, 2015-08-19

Du sprichst mir aus der Seele, vor allem mit Deinem Kommentar "weiß halt nur niemand".
Nebenbei sei auch noch erwähnt dass es eine der kostengünstigsten Lösungen ist (die Serversoftware gibt es kostenlos, Testlizenzen für 60 Tage zum evaluieren, theoretisch reicht eine Lizenz für den weiteren Betrieb). Wenn ich die fertige VM mit zum Kunden nehme, mailt nach einer Stunde der erste BlackBerry, nach einer weiteren das erste iphone und dann noch ein paar weitere Stunden für Policies, Zertifikate, Gruppen, WLANs, Apps und vielleicht noch einen Tag für die Adminschulung.
Die TCO ist eigentlich unschlagbar...

Ralph Hammann, 2015-08-19

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