Home-Office statt Pendeln und Reisen

by Volker Weber

Die Corona-Pandemie revolutioniert die innere Organisation des größten europäischen Versicherers: Die Allianz will die Hälfte der Reisen streichen und ein Drittel der Büroräume aufgeben.

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Comments

Schön, einfachmal den Arbeitsplatz outsourcen. Hat ja auch jeder ein oder zwei Extra-Zimmer zuhause zum arbeiten. Aber die Allianz zahlt bestimmt jedem Mitarbeiter 1000€ brutto mehr, damit man sich eine größere Wohnung mieten/kaufen kann.

Christoph Dierker, 2020-07-05

Kein einziges Wort über die betroffenen Beschäftigten

Kosten des AG sparen und Marge erhöhen
Abwälzen von Ausstattung auf AN
Entgrenzung von Beruf und Privatleben
Abbau von Arbeitnehmerrechten
Entlassung von wenig qualifizierten Mitarbeitenden und Verlagerung in Niedriglohnländer

Firmen führen ohne auf die Menschen zu schauen ist daneben.

markus philippi, 2020-07-05

Nein, in dem Artikel geht es überwiegend um das Versicherungsgeschäft. Den entscheidenden Abschnitt habt Ihr vielleicht überlesen:

Die Ansage des Allianz-Chefs hat ... Signalwirkung: Sie liefert Beschäftigten auch in anderen Großkonzernen Argumente, einen Teil der Arbeitszeit dauerhaft zu Hause verbringen zu können.

Vergleicht dazu auch hier: https://vowe.net/archives/018559.html

Volker Weber, 2020-07-05

Der entscheidende Abschnitt ist: "Er gehe davon aus, dass sich die Büroflächen auf längere Sicht um ein Drittel reduzieren ließen [...]. Von den Reisekosten ließen sich dauerhaft 50 Prozent einsparen."

Mein Bullshit-Detektor sagt: Herrn Bäte geht es um die Kosten. Oder - wenn wir ehrlich sind - um die Marge.

Dass damit Entfremdung und Produktivitätsverlust einhergehen, bemerkt man mit gebührenden zeitlichen Abstand. Man hat ja auch mal gedacht, dass Outsourcing der Softwareentwicklung nach Indien, der Personalabteilung nach Polen oder die Produktion halber Fertigungsketten in China eine clevere Idee ist. Während das gerade mühsam zurückgedreht wird, rollt Herr Bäte den nächsten Schuss ins eigene Knie aus. Good luck.

Robert Dahlem, 2020-07-06

Ist schon spannend, wie unterschiedlich die Ankündigung (oder vielmehr die Idee) aufgenommen wird: es werden in den Kommentaren hier erstmal die Probleme gesucht.

Und obwohl es keine konkreten Informationen gibt, wird natürlich von "Abwälzung", "Entgrenzung", etc. gesprochen - warum denn nicht von "Selbstorganisation" und weniger Zeit auf der Straße? Und wo steht, dass eine Pflicht dazu gibt? Vielleicht können es die Mitarbeiter (und Manager) das individuell eigenständig entscheiden?

HomeOffice ist nicht die Lösung aller Probleme (und bei uns im Unternehmen gibt es dann schon gefühlt immer und es funktioniert). Aber hier sehe ich deutlich mehr Chance als Risiko. Vielleicht haben mich US-Unternehmen im Umgang mit Veränderungen zu sehr geprägt.

Martin Imbeck, 2020-07-06

Das mit den Dienstreisen hatten wir ja schon mal. In der Finanzkrise sind wir quasi gar nicht mehr gereist und haben alles über Telefonkonferenzen geregelt. Manchmal auch Videokonferenzen. Damals™ hatten wir i.d.R nicht einmal Screensharing dabei. Hat funktioniert.

Kaum waren die Zahlen wieder besser, hieß es, ich solle sichtbarer in der Konzernzentrale sein, Socialising, und wieder regelmäßig nach London reisen...zwischenzeitlich mit zunehmender Seniorität und einem vernünftigen Chef hat sich das auf ein gesundes Maß eingependelt. Ich war 2018/19 achtmal drüben, mein Chef war sechsmal hüben.

Dieses Jahr war ich noch gar nicht im Ausland, nur einmal in Düsseldorf und einmal in München. Dann kam Corona. Ich vermisse nichts. Wenn alle tatsächlich an ihrem Arbeitsplatz sitzen (ob zu Hause oder im Büro macht da keinen Unterschied) funktionieren auch größere Meetings mit vielen Teilnehmern viel besser, als wenn sich die Londoner in einen Raum zusammensetzen und der eine Deutsche und der andere Amerikaner per Telefon eingewählt sind.

Das ist ein Win-Win-Win-Modell. Mitarbeiter verplempern weniger Zeit auf Flughäfen und Hotels, Firmen sparen Geld und die Umwelt wird entlastet.

Homeoffice ist etwas völlig anderes. Es ist toll, dass ich von zu Hause arbeiten darf, um privates und dienstliches besser hinzubekommen. Insbesondere jetzt. Und es hat überraschend schnell überraschend gut funktioniert, als wir zu 100% von jetzt auf gleich die Büros verlassen haben. Auch für Kolleginnen und Kollegen, wo das bislang von den Entscheidern für nicht möglich gehalten wurde. Ich nehme gerne in Kauf, dass meine Strom-, Gas- und Wasser-Rechnungen nächstes Jahr durch die Decke gehen, ich einen Haufen nachzahle und dann auch viel höhere Abschlage zahlen muss, als jetzt arbeitslos geworden zu sein. Die Firmen müssen ja nach wie vor meinen Arbeitsplatz im Büro bezahlen.

Wenn sie aber in Zukunft mir keinen Arbeitsplatz mehr zur Verfügung stellen wollen und mich zwingen von zu Hause zu arbeiten, ohne das zu kompensieren, dann empfinde ich dass als unverschämt. Für mich und mein Team gibt es da noch keine Pläne, wir werden dezidierte Arbeitsplätze haben, aber für andere geht es schon los, es wird es ein Ratio geben.

Miete für Büro und Nebenflächen, Möblierung, Strom/Heizung/Wasser, Versicherung, Nebenkosten, Internetbandbreite etc. pp. zu sparen und zu erwarten, der Mitarbeiter bezahlt das selbst und merkt das nicht?

Ein Freund arbeitet bei einer kleineren US-amerikanischen Consultingfirma und ist etwa 50 Tage im Jahr beim Kunden, weniger als 20 im Büro in Frankfurt zu Meetings und Schulungen und den Rest im Homeoffice. Dafür bekommt er monatlich mehrere Hundert Euro pauschal als Aufwandsentschädigung. Klingt auch fair.

Sven Richert, 2020-07-06

@Robert und Sven Danke!

@Martin
Das ist halt immer ein Problem von persönlichen Erfahrungen.
Was mir bei Deinem Beitrag als erstes als Fragestellung in den Kopf kommt, an welches „Berufsbild“ denkst Du den bei den Heimarbeitern?

Wenn ich zu dem Thema schreibe geht es in der Regel um MitarbeiterInnen für die „selbstständig, evtl mit dem ManagerIn zusammen“ entscheiden in Ihrem Arbeitsleben nicht oder nur sehr eingeschränkt vorkommt. Und ein häusliches, familiäres Umfeld mit der Möglichkeit eines vernünftigen Arbeitsplatz zu Hause gibt es da oft auch nicht.

Die genannten Probleme sind dann auch nicht „jetzt suchen Sie erst wieder Probleme um zu verhindern“, sondern der realen Begleitung von Veränderungsprozessen und der aufgetretenen Probleme geschuldet.
Ich kann Deinen Blickwinkel verstehen - aber er wird nicht verallgemeinerbar sein.

Markus philippi, 2020-07-06

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