AI und die allmähliche Verfertigung der Gedanken

Ich zitiere aus einem Wikipedia-Artikel über einen berühmten Brief:

In diesem Brief an Otto August Rühle von Lilienstern rät Heinrich von Kleist ihm, Probleme, denen er durch Meditation nicht beikommen kann, zu lösen, indem er mit anderen darüber spricht. Dabei ist nicht wichtig, dass dem Gegenüber die Materie bekannt ist, sondern der ausschlaggebende Punkt ist das eigene Reden über den Sachverhalt. Mit dieser Methode könne man sich selbst am besten belehren: „Die Idee kommt beim Sprechen“. 

Ihr habt in Eurer Schulzeit bestimmt viele Aufsätze geschrieben. Und wer studiert hat, der hat dann noch Hausarbeiten, Seminararbeiten, Studienarbeiten und ähnliches geschrieben. Habt ihr diese Arbeiten aufbewahrt und lest ihr sie ab und zu mal?

Ich möchte wetten, dass die Antwort in den meisten Fällen nein ist. Das hat einen einfachen Grund: Die Arbeiten sind wertlos. Die Arbeit aber, den Aufsatz zu schreiben, hat Euer Gehirn trainiert. Der Weg ist das Ziel.

Das nutze ich heute noch. Erst wenn ich etwas aufgeschrieben habe, habe ich es wirklich verstanden. Und das soll ich mir nun von AI wegnehmen lassen?

Zu pessimistisch? Ich meine, das ist das, was gerade passiert. ChatGPT simuliert Lernen und Wissen. Wenn Ihr mal mit jemandem ein Interview führt, weil er ihn näher kennenlernen wollt, und die Antworten scheinen irgendwie generisch, egal, was ihr fragt, dann verschwendet Ihr Eure Zeit an einen Chatbot, der von einem Menschen bedient wird. Let my ChatGPT call your ChatGPT.

Die nächsten Schritte sind vorgezeichnet. AI wird Euer Freund, der immer für Euch da ist. Er wird schlauer sein als Ihr, weil er alles besser kann. Und er wird natürlich besser aussehen.

Gedanken zum Stand von AI

Alles in der Informationstechnologie unterliegt Modeströmungen. Und ich habe sehr viele dieser Wellen mitgemacht. Da war die Idee, Software ingenieursmäßig zu entwickeln und korrekte Programmierung zu beweisen. Damals wurde der Begriff Software Engineering geprägt. Modularisierung, Objektorientierung, Java (write once, run anywhere), Knowledge Management, Blockchain, Machine Learning. Und jetzt eben AI (oder KI). Wir haben eine Lösung, und die sucht jetzt passende Probleme.

Diese Woche werden wir von Microsoft und Google viel über Agentic AI hören, bei dem AI ganze Prozessketten abarbeitet. Das läuft unter dem Begriff “erhöhte Effizienz”, aber machen wir uns nichts vor. Das soll vor allem ein Problem lösen: Gehälter bezahlen.

Die enorme Produktivitätssteigerung durch Maschinen und autonome Roboter hat sich bisher bei der Kopfarbeit nicht eingestellt. Und das, was wir aktuell bei AI sehen, hilft da auch nur bedingt. Auf der einen Seite produziert AI schöne Emails, Anschreiben, CVs, Präsentationen, etc. Und auf der anderen Seite destilliert AI dann diesen ganzen Datenwust wieder auf einen nützlichen Input. “Ich nutze das, um Meetings zusammenzufassen.” Um Himmels Willen, wozu braucht man dann noch Meetings? Spoiler: Die meisten braucht man nicht.

AI wird menschliche Kopfarbeit ersetzen. Man kann das wunderbar bei dem ganzen Bullshit sehen, der täglich durch LinkedIn strömt. (Ich schaue seit Anfang des Jahres nicht mehr zu). Das Maß ist für mich voll. Mittlerweile filtere ich aus, was als AI erkennbar ist. Menschen, die von AI geschriebene Texte oder gerenderte Bilder nutzen: Kein Interesse mehr.

Und deshalb reagiere ich manchmal unwirsch auf Microsofts Bemühen, mich ebenfalls zu einem Dummbatz zu machen, der eigene Gedanken durch AI-Schwall ersetzt. Das Unternehmen ist aktuell noch dabei, herauszufinden, wie man die enormen Investitionen wieder reinholt. Wer in diesem Geschäft unterwegs ist, der weiß, dass Microsoft Geld auf erfolgsversprechende Projekte wirft. Wer dann aber einen Anschlussauftrag sucht, stellt fest, dass die Kunden aktuell wenig Lust haben, selbst zu investieren.

Aktuell gibt Microsoft jedem persönlichen Account (365 Personal oder 365 Family) 60 Gummipunkte im Monat mit, die man durch die Nutzung von Copilot in Office oder Windows aufbrauchen kann. Man kann das durch eine Pro-Lizenz aufstocken, aber ich habe den Verdacht, dass hier nur in homöopathischen Verdünnungen Geld fließt.

Bis AI das zentrale Problem löst (Gehälter zu bezahlen), wird das nicht mehr. Aber dann geht auf einmal alles sehr schnell. Wenn AI deine Arbeit leisten kann, wird sie es tun.

Zeit für einen Trainerwechsel bei Apple

Genmoji – state of the Apple Intelligence art

Sonos hat vor ein paar Wochen den CEO rausgeschmissen und durch einen Cleaner ersetzt. Der soll jetzt den Saustall ausmisten, der letztes Jahr mit dem Release einer kaputten Software angerichtet wurde. Die Software war nötig, um einen komplizierten Kopfhörer auf den Markt zu bringen, den keiner haben wollte und der nun die Lager verstopft. Der neue Interims-CEO hat jetzt auch noch ein bisher unangekündigtes TV-Produkt auf Eis gelegt, was wahrscheinlich auch keiner hätte haben wollen.

Apple ist letztes Jahr ebenfalls falsch abgebogen. Stichwort “Apple Intelligence”. Gruber ist jetzt endlich aufgewacht und hat kapiert, dass Apple nicht automatisch schlauer ist als alle anderen. AI ist ein dickes Brett, das man nicht mal einfach so in ein paar Monaten durchbohrt. So wie man auch nicht einfach mal ein Apple Car bauen kann, um damit Geld zu verdienen. Was heißt denn eigentlich bei den letztes Jahr angekündigten iPhones “built from the ground up for Apple Intelligence”? Es heißt einfach nur, dass Apple den Geräten mit 8GB mehr RAM eingebaut hat. So wie Macs nun mindestens 16 GB statt 8 GB haben. Und so langsam schwant es Apple, dass sich das Luftschloss nicht in 8 GB nachbauen lässt. Zwei Möglichkeiten: Sie hungern sich irgendwie dahin oder sie fangen noch mal neu an. Das geht beides nur, wenn sie den Trainer wechseln. Nicht Tim Apple, der seine Qualitäten hat, aber die AI-Truppe.

Ich bohre bei Microsoft schon länger am Copilot-Luftschloss herum. Ein Copilot+ PC tut eben nicht das, was Microsoft versprochen hat: AI lokal. Ja, es gibt ordentlich NPU-Power, damit könnte man im Hintergrund Screenshots analysieren, aber es hat sich herausgestellt, dass keiner “Recall” will. FAQ: Kann ich das abschalten? Antwort: Erfreulicherweise ja. Nun macht die NPU Kleinkram: Hintergrund der Webcam verstrubbeln, Nebengeräusche unterdrücken, etc. Marketing macht derweil weiter und benennt die Office-App in Copilot 365 um.

Das ist mir alles zu viel heiße Luft. Was wird Apple machen? Im Herbst werden sie vielleicht das dünnste iPhone aller Zeiten präsentieren, weil die Chinesen nämlich mittlerweile sagenhaft gute Akkus in ihre Top-Smartphones verbauen. Dünner und doch mehr Kapazität. Und damit keiner so richtig merkt, dass Siri immer noch der dümmste Assistent ist, werden sie einmal die Software frisch anstreichen. Neue UX und wir lernen mal wieder, wo jetzt die Ostereier versteckt sind.

PS: Wer sowas wie “Apple Intelligence” heute erleben will, spricht einfach mal mit Google Gemini. Ja, spricht! Du darfst sogar ins Wort fallen. Gibt es auch als App auf einem Smartphone deiner Wahl. Wenn zufällig Android drauf läuft, dann kann Gemini nicht nur rumlabern, sondern auch was machen.

Lokales LLM auf Copilot+ PC

Noch ist alles super-unhandlich: VS Code installieren, AI Tookit darin installieren, darin dann das für NPU destillierte DeepSeek V1 Modell laden und schon erwacht die NPU auf dem Snapdragon-Prozessor erstmals zum Leben.

Im nächsten Schritt müsste ich das mal in LM Studio zusammenfrickeln. Erst mal reicht mir aber der Beweis, dass es geht, und dass es nun an Microsoft liegt, das leicht verdaulich in einem lokalen Copilot-Client zu verpacken. Es fehlt wahrscheinlich die Motivation, denn hier läuft alles auf eigenen Ressourcen.

AI is marketed to stupid and lazy people

One comment made me think for quite some time: “This is literally the Microsoft Copilot pitch.” First you have AI create a beautiful artifact in Powerpoint et. al., then you waste other people’s time, and they evade your move by letting AI boil it down to the essentials.

I have three exhibits from Apple to illustrate how AI is marketed to stupid and lazy people.

Jabra Research: Great Expect-AI-tions

While enthusiasm for AI is high, actual usage among knowledge workers appears to remain low. Contrary to other research on adoption, our survey showed that while many want to embrace AI, we are still figuring out how to make it work in practice. So while trust and optimism towards AI is high, reflecting a general openness to new tools and ways of working, we’re not yet sure how to make AI work for, well, work.

This research resonates very well with my own thoughts. The key findings are presented in an easily digestible format.

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What if the Metaverse is already over?

Lots of bad news about the Metaverse. It has fallen from grace. Microsoft is cutting back on their hardware unit after having failed to deliver what they promised to the US military, Zuckerberg has after renaming his company Facebook to Meta and dumping billions of dollars into a bottomless pit, has shifted development resources to AI. Web3 has revealed itself what is is: another money grab by the crypto bros. Now Disney is closing its Metaverse department.

The photo at the top is not from the future. It’s from the past.

As is turns out, the future is not Metaverse. AI is the next big thing.